Usbekistan
(25.-30.07.2013)

   

25./26.07.2013

Samarkand

Von Dushanbe her sind es nur gerade 50km bis zur Grenze Tursunzade gewesen und so stehen wir schon ziemlich zeitig am Grenzposten zur Einreise bereit. Die Gesichter der Grenzer sind ernster und der Papierkram wieder einmal etwas aufwändiger. Aber immerhin erhalten wir als Gegenleistung für unsere Bemühungen einen Computerausdruck mit den frisch registrierten Fahrzeugangaben. Wie zu erwarten ist wollen sie hier mehr von unserem Auto sehen und auch der Kühlschrank wird inspiziert. Ob sie wohl Durst haben? Verstehen wir ihre Blicke richtig? Aber meine Herren, doch kein Bier während der Dienstzeit!

Wir entscheiden uns gegen die kürzere Bergroute in nordöstlicher Richtung und umfahren die Hügel in südlicher Richtung, da über den Pass die Strassen sehr schlecht sein sollen. Es ist eine eher längere Tagesetappe und da schadet ein bisschen Komfort nicht. Die Landschaft ist ziemlich öde und sehr trocken, wenig grün erfreut die Augen. Die Dichte der Polizeifahrzeuge am Strassenrand hat wieder merklich zugenommen. Sie sind uns auf Anhieb unsympathisch, das sind die typischen "Russenköpfe", die die Verkehrsteilnehmer einfach nur tyrannisieren.

Touristen gerecht zurecht gemacht, das Rukhobod Mausoleum

Die Routenwahl war umsichtiger als wir uns gedacht haben. Viele Reisende haben uns gewarnt: "Jeden erwischt es in Usbekistan mit Magenproblemen!". Da wir bisher keine nennenswerte Probleme in all den vorherigen Ländern erlebt haben amüsieren wir uns über diese Warnungen und werden prompt eines Besseren belehrt. Im Anflug auf Samarkand muss der Driver das Steuer vorübergehend abgeben, sein Magen rumort unangenehm. Ein plötzliche Toiletten-Stopp kurz darauf gefolgt von einer Gebüsch-Aktion und der Magen ist vollständig entleert. Also stimmt es doch! Dabei haben wir keine Ahnung, woher das jetzt kommt!

In Samarkand angekommen finden rasch das uns empfohlene Antica in der Altstadt aber Zweifel befallen uns, ob man da wirklich reinfahren kann. Es ist eine Autofreie Zone mit Baustellen und sehr eng. Aber auf den Versuch kommt es an und mit flach angelegten Seitenspiegeln, einigem Zirkeln und manövrieren sowie einem angehobenen Vordach schaffen wir es durch das schmale Gässchen in den Innenhof des Guesthouses. Und da ist dann auch gleich Feierabend, der Magen will nicht mehr. Wenigstens haben uns die Reisenden, die uns gewarnt haben auch gleich mitgeteilt, dass es hier einen besonders wirksamen Magentee gibt... er schmeckt zwar nicht gut, fühlt sich aber wohltuend an.

Die Nacht bringt dann auch Magenbeschwerden für die zweite Insassin. Wow, das ist schon fast Magie!

Der Gegenwert von 200 USD entspricht rund 450'000 Usbekischen
SOM, einem Bündel von 450 Tausender Noten - grössere gibt es nicht

Der Tag danach lässt noch keine grossen Besichtigungstouren zu, nur müssen wir noch etwas Geld wechseln. Mit Pass und Kreditkarte bewaffnet stehen wir in der Nationalbank und das scheint alles sehr unkompliziert zu sein. Mit einem Beleg geht man zum nächsten Schalter, der Kasse und lässt sich den Betrag auszahlen. Die Frau verschwindet für einen Moment und kommt mit einem riesen Stapel Geld daher, den sie offen hinter dem Schalter hinlegt. Wir finden das sonderbar, da könnt ja jeder reinfassen und das Geld an sich reissen... aber nicht nötig - wir bekommen ALLES! 200 US-Dollar entsprechen einem rund 6cm dicken Bündel Banknoten - rund 450'000 usbekische SOM - alles in 1'000er Noten! Wenn das kein Leerlauf ist?!

Die Temperaturen sind sehr heiss und Sightseeing anstrengend, vorallem mit dem vorbelasteten Magen. Aber wir sind nur einmal hier, so lassen wir uns das nicht entgehen. Und hier sind sie auch, die wunderbaren Moscheen und Mausoleen mit den türkisfarbenen Mosaikdächern - märchenhaft schön!

Vom Guri Amir Mausoleum gibt es noch eine spannende Episode: Als ein russischer Anthropologe die Grabkammer Timurs öffnete entdeckte er auf dem Sargdeckel die Inschrift: 'wer immer das Grab öffnet wird durch einen Feind geschlagen, der viel furchtbarer ist als ich'. Am darauf folgenden Tag griff Hitler Russland an...

Das Guri Amir Mausoleum mit fantastischen...

... Mosaikarbeiten und einer geheimnisvollen Geschichte

Ganz in der Nähe entdecken wir ein seltsames Grüppchen mit einem noch seltsameren Gefährt: Das "Stringbike" besitzt einen revolutionären Antriebsmechanismus der effizienter sein soll als bisherige Konzepte. Das Ding ist auf Promotour - ob wir je mal so eines auf unseren Strassen sehen werden?

Wie immer bezahlt man als Tourist überall ein bisschen mehr und beschränken uns daher nur auf den Besuch des Registan, einer Medressa. Leider ist der Vorplatz komplett mit einer hässlichen Bühneninstallation verstellt, was den Fotografen ärgert - es gibt nur wenige Standorte, von wo man aus die Schönheit dieser Anlage einigermassen erfassen kann. Auch hier ein witziges Detail: Auch damals gab es schon weniger begabte Handwerker - der Löwe an der Hauptfassade erinnert doch erheblich an einen Tiger...

Der Publikumsmagnet Nr. 1, der Registan, toppt natürlich die Mosaikarbeiten...

... und bietet auch bezüglich seiner Grösse ...

... und Gestaltung. Diese Kuppel zum Beispiel ist mit viel Gold verziert.

Hier waren einst die Unterkünfte Studierender

Sieht doch wirklich aus wie Löwen, oder?

Vorbei am historischen Nationalmuseum (es wurde von der Regierung eben eingerissen und durch einen Platz ersetzt) und hübschen aber leblosen Fassaden gelangen wir zum Bibi-Khanym Mausoleum und lassen uns dort trotz dem 2-für-1-Discount kein Ticket andrehen. Vorbei an einem grossen aber neu angelegten Basar erreichen wir dann schliesslich Shah-I-Zinda, einen riesigen Friedhof mit zahlreichen mächtigen Mausoleen. Sehr schön, ausgeschöpft sind nun unsere Reserven und wir müssen zurück ins Guesthouse und nehmen dafür ein Taxi.

Die extensive Bewässerung hat doch noch sein Gutes: Kinder liegen mitsamt Kleidung
in die grossen Pfützen und kühlen sich so ab

Hier gibts Nüsse und Dörrfrüche aller Art, fein säuberlich präsentiert

Was uns auffällt: Die Stadt ist prima herausgeputzt und die historischen Bauwerke fein säuberlich restauriert - irgendwie scheint uns das aber wenig authentisch und passt kaum zum tiefen Wohlstandsniveau dieses Landes. Auch die saftig grün spriessenden Gärten und Parkanlagen sind nur mit massivem Wassereinsatz möglich. Ein Wort eines Einheimischen erhärtet auch gleich den Verdacht: Fassadendemokratie! Nach aussen alles prima, dahinter verbergen sich aber grosse Probleme. Doch Politik hin oder her, eines haben sie hier erkannt: Imame haben die schlafenden Bürger in Ruhe zu lassen, über Nacht dürfen keine Gebete von den Minaretten gelesen werden.

 

27./28.07.2013

Bukhara

Noch immer flau im Magen gehts weiter nach Bukhara und da gibt es ein hübsches Boutique Hotel "Komil" wo wir uns zwecks Genesung einquartieren. Erstmal ist Pause angesagt. Erst am Abend des Folgetags erforschen wir die Altstadt und die vielen Mausoleen, Moscheen und Basaare. Auch hier ist alles perfekt herausgeputzt und restauriert. Auch hier hat der Tourismus einzug gehalten. Auch hier finden wir bleibt wenig vom erwarteten persischen Flair übrig aber die Besichtigung lohnt sich alleweil, die Mosaikkunst ist unvergleichlich!

Schöne historische Gebäude auch hier in Bukhara...

... und auch in eindrücklicher Grösse

Ein Sonnenuntergang über den Dächern dieser historischen Stadt

 

29.07.2013

Khiva

Die Strasse bis Khiva ist lang, gerade, flach. Es geht rund 400km durch die Wüste. Der Sand säumt grosse Teile der Strecke, manchmal versucht er auch sich diese einzuverleiben. Trotzdem gibt es unzählige Polizisten, die den Wegrand mit Speed-Traps säumen. Sie geben sich wenig Mühe, sich zu verstecken und selbst diejenigen die es versuchen sind sehr einfach auszumachen. Aber niemand hält uns an. Gut so, die sollen sich doch Geld von ihren Landsleuten holen.

Die Wüste will sich die Strasse zurück erobern

In Urgench erhoffen wir uns einen Nachtplatz. Wir verlieren aber gut 1 Stunde mit erfolglosem Kreisfahren. Hier gibt es soweit wir heraus gefunden haben gerade mal zwei Absteigen und die waren entweder äusserst unsympathisch oder unverschämt teuer. Aus Frust halten wir beim "King Burger". Nein, nicht Burger King auch wenn das Logo sehr stark darauf hoffen liesse. Es scheint aber der "Place to be" zu sein weil er rappelvoll ist. Natürlich gibt es keine Burger sondern nur Kebab. Aber immerhin schmeckt der gut.


Nach erfolgloser Nachtplatzsuche in Urgench sprechen uns die...

... Einheimischen wieder Mut zu. Ein Essen im "King Burger" wird uns
den Frust wohl vergessen lassen. Aber wo "King Burger" drauf steht
ist nicht "Burger King" drin


Die Nerven und der Magen beruhigt nehmen wir noch die letzten Kilometer nach Khiva in Angriff und können dort direkt vor der Mauer der historischen Stadt einen Nachtplatz finden. Die Abenddämmerung taucht alles in ein warmes, rötliches Licht und die Gassen zwischen den unzähligen Medressas, Mausoleen und Minaretten sind fast leer. Auch hier ist alles so sauber restauriert, dass man alt und neu kaum auseinander halten kann und Leben gibt es hier keines. Visuell also ein Augenschmaus und es gibt viele Fotosujets, die man in aller Ruhe auskosten kann. Nur eben, kein Leben hier.

Die historische Stadt von Khiva...

... ist ein Augenschmaus bei Tag und bei Nacht - nur fehlt das typische Gewusel der
Menschen. Die Stadt ist nur noch von und für Touristen belebt.

Schweizer Radfahrer trifft man einfach überall, so auch hier im Guesthouse. Und einmal mehr fragen wir uns, wie man sich das antun kann - sie müssen morgen denselben Weg fahren, den wir heute zurück gelegt haben. 400km geradeaus, es ist heiss, die Strassen schlagen in den Rücken, Wüste. Wir machen sie darauf aufmerksam und vielleicht überlegen sie sich doch noch, einen Bus zu nehmen?

 

30.07.2013

Ausreise

Noch lange vor dem Morgengrauen geht es los, wir müssen früh an der Grenze sein und haben noch 200km zu fahren. Doch Morgenfahrten haben immer einen besonderen Reiz, das Leben erwacht so langsam und irgendwann erscheint die Sonne im Rückspiegel als rötlicher Ball bevor sie gleissend hell und heiss wird. Und um diese Zeit schlafen noch alle Beamten, also auch die Polizisten. Wir kommen flott voran.

Kurz vor neun Uhr rollen wir bereits vor das Grenztor - es ist noch geschlossen. Viele Fussgänger warten davon, wir sind das einzige Fahrzeug. Das könnte Grund zur Sorge sein wenn nur wenig Fahrzeuge die Grenze überschreiten aber ändern lässt sich daran auch nichts, wir müssen hier drüber. Ein Beamter kommt kurz zu uns um die Pässe zu prüfen und er gibt uns zu verstehen, dass um neun Uhr geöffnet wird. Das ist beruhigend, so verlieren wir nicht unnötig Zeit. Wir müssen auch auf der Turkmenischen Seite rund 250km fahren - und die Strassen seien nicht besonders gut...

Hier steht man schon in aller Herrgottsfrüh für Treibstoff an - gut können wir ohne Tankstop
durch Usbekistan fahren. Treibstoff ist schwierig zu finden und aussergewöhnlich teuer.

Es geht los, wir dürfen praktisch als erste aufs Zollgelände. Wie üblich werden wir klar eingewiesen und kommen gut voran. Und dann werden wir tatsächlich aufgefordert, Laptop, iPad und Medikamente ins Gebäude zur Inspektion zu bringen. Das ist mal was anderes und wir sind gespannt, wie sie die Geräte inspizieren wollen.

Die Medikamentenbox ist als erstes an der Reihe und die Beamtin lässt sich Zeit alles zu bestaunen - prüfen wäre wohl das falsche Wort für diesen Vorgang. Das Dormikum und ein sehr starkes Schmerzmittel hat sie in der Hand, weiss aber nichts damit anzufangen. Wir sprechen sie auf ihre triefende Nase an weil wir nicht verstehen können, wie man sich hier eine Erkältung holen kann. Das ist es nicht, sie ist Allergikerin und kämpft jeden Tag damit. Wir beraten sie kurz bezüglich Cetalerg, "Zyrtec" oder weiteren Medikamenten, die ihr helfen könnten während hinter uns die übrigen Grenzgänger geduldig warten. Danach winkt sie auch unsere Geräte ungeprüft durch und ein Stein fällt uns vom Herzen - wenn die sich jetzt durch alle Fotos hätten durchclicken wollen, meine Güte!

Draussen beim Auto will ein Offizier nochmals unsere Medibox sehen, ihn interessieren die Plastikhandschuhe. Er will zwei davon. Danach zieht er ab und ward nie mehr gesehen. Was er damit wohl gerade anstellen will? Besser wir wissen es nicht.