Kambodscha
(28.12.2012 bis 11.01.2013)

28-31.12.2012

Sihanoukville

 

Es fällt uns schwer, Ko Chang zu verlassen. Die Insel speziell im Südosten lädt wirklich zum Verweilen ein. Wir starten sehr früh, da wir die 6 Uhr Fähre nehmen wollen - nur schade, dass diese bereits voll ist wenn wir auf dem Parkplatz einfahren. So verschieben wir uns zur zweiten Fähre im Norden und kriegen dort eine Stunde später unseren Platz. Die Sonne geht auf und wir sind guter Dinge, dass wir diesmal in Kambodscha einreisen können.

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Sonnenaufgang auf der Fähre von Ko Chang aufs Festland

Die Ausreise aus Thailand ist tatsächlich schwieriger als die Einreis in Kambodscha. Bei der Einreise in Thailand wurde beim anderen Zoll das Fahrzeug nicht ordnungsgemäss elektronisch registriert und dieser Fackel fehlt nun dem Beamten für die Ausreise. Da es aber nicht unser Fehler ist, lässt er uns nur kurz zappeln und beginnt bald mit uns zu spassen. Warum wir kein Thai können, wenn wir in dieses Land einreisen (Gegenfrage: Ob er denn Schweizerdeutsch lernen würde, wenn er uns in der Schweiz für einen Urlaub besuchen würde?) und es sei ja Jahresende, ob ich kein Geschenk für ihn hätte, so eine Halskette oder eine Uhr (Hmm, wir müssten eigentlich noch eine Fake-Rolex bei uns haben, ob er denn daran Freude hätte?)... schlussendlich, schon als wir über die Grenze fahren wollen, bringt er uns noch ein paar Flaschen Wasser zum Auto und verabschiedet sich freundlich. Wie so oft sind die Leute an der Grenze freundlicher als ihr Ruf.

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Thai Grenzposten

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Zwischen Kambodscha und Thailand - wir sind im Niemandsland

Nun gilt es ernst. Kambodscha, der zweite Versuch. Ernst winken die Beamten uns durch die Barriere und
schon wieselt ein helfiger Helfer auf uns zu und führt uns durch das Programm. Gesundheitscheck. Visa-Antrag. Einreise abstempeln. Carnet abstempeln. Done. Der Helfer murrt zwar, dass wir ihm nur erst 20, dann 40 Baht Trinkgeld geben (Gegenwert = 1 Mahlzeit), aber er muss es schlucken. Und durch sind wir! Rechts einspuren und los geht die Fahrt. War da noch ein Polizeiposten, der unsere Pässe nochmals sehen wollte? Müssen ihn wohl ignoriert haben...

Links und rechts der Strasse sind Warntafeln, dass die Gebiete direkt an die Strasse anschliessend mit Minen übersät sind. Es werden noch rund 2 Mio. scharfe Minen im Grenzgebiet vermutet...

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Wir sind drin - das ist gut!

Herrlich wenig Verkehr und gute Strassen erleichtern die Fahrt, aber Bodenmarkierungen von Unfällen gibt es auch hier einige. Gerade überholen wir mit leichter Schadenfreude ein paar Radfahrer, die sich bei sengender Hitze eine leichte Anhöhe hoch kämpfen - wir haben zwar keine Klimaanlage, müssen uns aber auch nicht so für den Fahrtwind anstrengen - als der Druckwächter hinten links Druckverlust anzeigt. Wie gesagt, hätten wetten sollen, wie lange der hält. Es waren gerade einmal 4 Tage, seit der Pneumensch das Loch "reparierte". Jetzt bleiben uns wieder wenige hundert Meter und die Luft ist raus.
Diesmal nehmen wir die Sache aber selbst in die Hand und stopfen es mit den legendären Würmchen (Hanfseil mit Kautschuck getränkt) und Ruhe kehrt ein. 10 Minuten dauert die Aktion und wir überholen die gleichen Radfahrer schon wieder.

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Gerade mal 4 Tage hielt der Flick des "Pneuspezialisten" - ein
Würmchen soll es jetzt richten.

Gespannt beobachten wir die Drucküberwachung und es funktioniert. Wir verlieren keine Luft mehr. Erster Eindruck von Kambodscha im Vergleich zu Thailand und Laos ist, dass weniger Ordnung herrscht und vor allem die Leute kaum auf unseren "Waving-Test" reagieren. Also lassen wirs für den Moment.
Wieder sehen wir abenteuerliche Beladungskonzepte von Fahrzeugen und vor allem die Tiere müssen hart sein im Nehmen.

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Es ist passend zu sagen: Arme Sau!

In Sihanoukville treffen wir auf ein pulsierendes Städtchen, welches alles bietet, was wir für die Weiterreise benötigen. Diesel, Geld und Lebensmittel. Ggf. auch noch eine Versicherung, da wir an der Grenze keine lösen konnten. Ach ja, und natürlich schöne, weisse Strände.

Der Visa-Service (Ana Travel), der unser Thai-Visum besorgen könnte, ist schnell gefunden, nur macht es wegen den Feiertagen keinen Sinn, diesen in Anspruch zu nehmen. Dafür haben wir von der freundliche Dame erfahren, wo es eine Versicherung zu kaufen gibt. ATM gibt's auch wie Sand am Meer (man kann aber nur USD heraus lassen) und so ist auch für Cash gesorgt.

Nur finden wir gerade auf Anhieb nicht den Platz, den uns andere Overlander empfohlen haben und auf der Suche nach einem passenden Platz baut der Fahrer auch noch Mist. Beim Manövrieren ging doch glatt übersehen, dass die Strasse hinter uns weg gespült war und wir setzen den Wagen mitten da rein.
Vorne links und hinten rechts drehen die Räder haltlos in der Luft und hier vermissen wir jetzt erstmals die Diff-Sperren, die unser Model nicht serienmässig eingebaut hat. Baum steht auch gerade keiner da, der uns heraus ziehen könnte und so müssen wir einen andern "Anker" für die Winde finden. Ein Wagen wird's richten. Kaum in der Misere steht aber schon ein gutes Dutzend Rikschafahrer mit klugen Vorschlägen um den Wagen herum und einer hat doch tatsächlich das Gefühl, wir würden seine Hilfe gegen 100$ annehmen. Wir lassen ihn stehen und finden einen PW-Fahrer, den wir entsprechend motivieren können uns zu helfen. So dauert dann die ganze Bergung auch nur 15 Minuten und ein kleiner Rupf mit der Winde bringt festen Boden unter die drehenden Räder. Das war wirklich unnötig.

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Manöver - Panne jedoch ohne Schaden

Verärgert über das Missgeschick muss nun rasch ein Nachtplatz her und wir stellen uns vor ein Guesthouse, direkt ans Meer. Jetzt ist Feierabend! Wir geniessen ein gemütliches Nachtessen am Strand und die Nacht verspricht ruhig zu werden. Die Bar gleich nebenan eignet sich prima, um am Blog zu arbeiten, ohne dabei zu vertrocknen und so geht ein ereignisreicher Tag zu Ende.

Der Morgen beginnt mit einem Bad im Meer - was für ein Luxus! Wir versuchen uns mit dem Gang zur Versicherung und der Agent will uns eine für 46 USD für einen Monat verhöckern. Ein Expat aus Frankreich sagt mir, dass es nur zwei brauchbare Versicherungen in Kambodscha gebe und dies die bessere der beiden sei. Er bezahlt für ein ganzes Jahr 126 USD. Für nur zwei Wochen Aufenthalt 46 USD... für eine Versicherung?! Mal sehen.

Wir gehen wieder auf die Suche nach dem legendären einsamen weissen Strand, der immer von Overlandern genutzt wird. Finden diesen zwar, leider jedoch nicht mehr befahrbar ohne die neue Strandpromenade zu ruinieren. Gerade, als wir umdrehen holt uns Heike und Filippo, ein deutsches Biker-Pärchen ein und wir erfahren, dass nur ein paar hundert Meter weiter vorn ein Mitsubishi mit CH-Kennzeichen steht. Einfach auszumachen, welches die Besitzer des Wagens in Papa Pippos Strandbar sind - wer sonst schleppt im Urlaub seinen riesen Laptop mit? Es sind Edgar und Marita. Und etwas später fährt ein Bremach auf der Strasse vorbei und davon gibt es in ganz Asien nur diesen einen, eben den von Susanna und Peter. Man kennt sich von der Reisevorbereitungszeit her und so gibt es viel zu erzählen und Papa Pippos hervorragende Pizza rundet den Tag ab.

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Papa Pippos kleine Oase mit Bungalows und echt italienischen Kochkünsten!

Auch am nächsten Tag tauschen wir noch viele Informationen aus, bevor Edgar und Marita nach Thailand aufbrechen und wir uns an einen kleinen, einsamen Strand verlagern. Wir baden, hängen herum und unterhalten uns weiter mit Peter und Susanna.

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Susanna und Peters Bre(ma)ch - ein Bijou!

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Sunset an unserem Strand

Und weil es so schön ist entscheiden wir uns entgegen dem ursprüglichen Plan, noch einen Tag anzuhängen und den Silvester hier zu geniessen. Der Platz stimmt und wir können erst noch den Jahreswechsel in guter Gesellschaft feiern. Nachtessen gibts in einer gemütlichen Strandbar, etwas weg vom Schmelztiegel der Partyszene. Und es gibt hier sogar sowas wie Prosecco, den wir Punkt Mitternacht öffnen können. Happy New Year und das erste Mal seit 1987, wo die Jahreszahl wieder aus vier unterschiedlichen Ziffern besteht!

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Prosit Neujahr; Silvesternacht am Strand mit Heike & Filippo

 

01.01.2013

Kep

Bei Papa Pippo nochmals schnell e-mail hochladen und dann weiter, so ist der Plan für den Morgen des 1. Januar 2013. Nur ist dort auch das Wifi verkatert und will nicht. So gönnen wir uns wenigstens Vitamine in Form eines Fruchtmixes Mango - Ananas - Banane, welche uns die fröhliche Strandverkäuferin gut gelaunt zurecht schneidet.

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Aufgestellte Fruchtverkäuferin am Morgen des 1. Januar 2013

Kurz vor Kep fahren wir zur Bokor Hill Station, einem ehemaligen Standort der französischen Kolonialisten. Auf rund 1000 Meter über Meer geniesst man von dort bei etwas gemässigteren Temperaturen eine tolle Weitsicht, sofern das Wetter es zulässt. Ebenfalls sollen dort noch einige Ruinen eines Hotels und einer Kirche sein, man spricht von einer Ghost Town. Allerdings ist das, was wir antreffen weit entfernt von Ghost Town, es tummeln sich hunderte von Besuchern in den leider mittlerweile in Renovation befindlichen Gebäuden. Der Film mit Matt Dillon "City of Ghosts (2002)" wurde hier gedreht, das ist wohl aber Vergangenheit. Gleich nebenan klotzen sie einen Themenpark (Thema?) und ein Kasinoblock hin. Aus die Maus mit Nostalgie - dieser Ausflug war für die Katz.

 

02.-4.01.2013

Phnom Penh

Am Morgen verlassen wir Kep bei Sonnenaufgang, um rechtzeitig nach Phnom Penh zu gelangen, da wir dort vor 11:00 Uhr im Konsulat von Thailand unseren Visumsantrag einreichen müssen. Die Strassen sind im Bau und daher staubig und ruppig. Das ändert aber nichts daran, dass sie bereits um diese Zeit stark belebt sind. Schüler und Arbeiter radeln in grosser Anzahl gemütlich im Licht der Morgensonne ihrem Ziel entgegen. Bald kommt aber der motorisierte Verkehr hinzu und die Idylle weicht dem hektischen Fahrstil der unterschiedlichsten Motorfahrzeuge. Mal sehen, was in Phnom Penh auf uns wartet.

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Sonnenaufgang in Kep

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Früh morgens sind praktisch nur Radler unterwegs

Die Einfahrt in Phnom Penh klappt aber dank Navigations App prima und wir landen ohne Umwege pünktlich vor dem Konsulat. Der Verkehr ist tatsächlich etwas unstrukturiert. Aber das Prinzip ist einfach: Der grössere nimmt sich den Vortritt und alles, was den Fahrer interessieren muss, sieht man durch die Frontscheibe. Für alles andere sind die Anderen zuständig. Und wenn es Unsicherheiten gibt, so wird wieder Regel eins angewendet. Aber die Scooter kommen tatsächlich von überall und da braucht es schon etwas ruhig Blut um nicht nervös zu werden.

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The Charming City - wir werden ja sehen

Sowohl das Konsulat wie auch die Stellplatzsuche klappen wie am Schnürchen und wir stehen direkt am Fluss mit Sicht auf die Hafenanlage - für einen Dollar pro Nacht. Ein bewachter Parklpatz mit Aussicht. Was will man noch mehr? Wir machen uns sogleich auf die Pirsch und wollen den Präsidentenpalast besuchen doch Fehlanzeige, der ist für die nächsten Monate geschlossen. Der König Norodom Sihanouk starb im Oktober im Alter von knapp 90 Jahren und die Begräbniszeremonien sind in Vorbereitung. Dafür ist gerade neben dem Palast ein eigener Tempel im Bau, auf welchem die Beerdigungsprozession im Februar stattfinden soll.

Der König hat eine spannende Biografie, nicht zuletzt, weil er auch für eine gewisse Zeit mit der Khmer Rouge zusammen arbeitete. Seit 1941 beeinflusste er das Geschehen des Landes massgeblich und leitete frühzeitig die Nachfolgeregelung mit seinem Sohn ein, sodass das Land übergangslos weiter funktionieren kann. Eine Besonderheit ist sicher, dass er ein leidenschaftlicher Blogger war und schon lange direkt über das Medium Internet kommunizierte (www.norodomsihanouk.info).

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König Sihanouk verstarb im Oktober kurz vor
seinem 90sten Geburtstag

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Die Stätte für die Beerdigungszeremonie wird gerade gebaut

Was nun? Die Antwort liegt auf der Hand: French Bakery Shop, hinter der silbernen Pagoda. Ehrlich, da gibts das beste Pain auch Chocolat und das beste Mandel Croissant, man erhält auch richtiges Vollkornbrot und Baguette, das so richtig knuspert. Das alles zu einen frisch gebrühten Kaffee ist ein kleines Highlight für sich: "The Shop", the place to be! (www.theshop-cambodia.com)

Der Besitzer eines vergleichbar alten Landcruisers gibt uns den Tipp, wo er seinen Wagen reparieren lässt und so entscheiden wir, diesen Ort aufzusuchen und zu sehen, was sie dort können. Das machen wir aber mit dem Tuk Tuk, da wir keine Lust auf dieses Verkehrschaos haben und so erst noch schneller sind. Die Garage ist nicht gerade, was wir erwartet haben, aber die Leute scheinen schnell zu verstehen, was unser Problem ist und wollen das Fahrzeug erst sehen, bevor sie verbindlich werden. Gut, das klingt gewissenhaft. So vereinbaren wir, ihn am nächsten Morgen zu bringen und vor Ort zu entscheiden, ob wir die Mechaniker an den Wagen lassen.


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... no comment!

Wir lassen es uns bei einem guten Nachtessen in der Gasse nochmals durch den Kopf gehen und schlendern durch das puliserende Nachtleben, wofür die Stadt bekannt ist. Der Night Market bietet wieder viel für Gaumen und Auge, in den Gassen reihen sich unzählige Bars aneinander, das Sexgewerbe ist auch hier allgegenwärtig... Charming, yes! Aber es hat auch sehr viele Versehrte oder Frauen mit Kindern die betteln. Die Armut lebt hier sehr nah neben dem Wohlstand der Touristen. Kinder strollen auch nachts noch alleine durch die Gegend und betteln und einen kleinen Bub schnüffelnd in der Strasse zu sehen ist schon traurig. Aber Geld geben ändert nichts an der Armut und oft ist das Betteln auch durch Banden organisiert, weshalb wir immer und immer wieder "no money" sagen müssen. Das wird neben "no thank you" um all die Tuk Tuk Fahrer und sonstige Verkäufer abzuwimmeln der zweithäufigste Satz, den wir gebrauchen.

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Brettspiele findet man auch hier überall... irgendwie müssen
sich ja die Horden von wartenden Tuk Tuk Fahrer verweilen

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Friseur im Freien

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Abendstimmung bei unserem Standplatz in Phnom Penh

Wir sind guter Dinge, dass die Mechaniker die A-Säule soweit in Schuss kriegen, dass wir wieder sicher heimkehren können. Eine kurze Lagebesprechung, ein Check des "Windschutzscheiben Spezialisten" und los gehts, die Scheibe wird entnommen. Zur grossen Überraschung steigen die zwei Jungs mit der Scheibe in der Hand aufs Motorrad und wollen davon brausen... halt! So schnell dann doch wieder nicht.
Sie erklären uns, dass die Scheibe in der Garage nicht sicher ist und brausen dann los... Wenn es nicht so unglaublich schwierig wäre, hier Scheibe und Gummi zu ersetzen, würden wir uns sicher wohler fühlen.

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A-Säule arg in Mitleidenschaft gezogen

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Lagebesprechung mit Chef, Scheibenmeister und TukTuk Driver als Translater

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Ein heikler Punkt geht schnell und problemlos über die Bühne:
Scheibe nach 25 Jahren im Einsatz aus dem Rahmen heben

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In der Garage sei es zuwenig sicher für die Scheibe... logisch!

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Blech in die A-Säule eingearbeitet und
korrodiertes Material entfernt

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Regenrinne in Arbeit

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Lunchbreak in Garage

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Nach Auftrag der Spachtelmasse - nun muss
es nur noch verschliffen werden

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Farbmeister mischt Farbe nach Augenmass an
und gleicht sie mit Karrosserie ab

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Farbauftrag Nr. 1 - weitere müssen
noch folgen

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Geschafft vom Zuschauen sind wir gespannt,
wie es sich so in der Garage schläft.

Drinnen wird losgelegt und schon bald liegen die schadhaften Stellen blank und Ersatzbleche werden von Hand in Form geschnitten und gebogen. Die beiden Regenrinnen, die A-Säule und die beiden Korrosionsstellen am hinteren Kotflügel sind bis am frühen Nachmittag bereits geschweisst. Wir bekommen in der Zwischenzeit Verpflegung vor Ort, sind aber wie auf Nadeln, da die Mechaniker etwas zu rasch vorwärts kommen wollen. Wir wollen beste Qualität und nicht schnellstmöglich fertig sein. So müssen wir verschiedentlich intervenieren.

Fertig geschweisst wird verspachtelt, verschliffen und grundiert. Der "Farbspezialist" mischt die Farbe nach Gefühl an und wir sind beeindruckt, wie gut er den Ton auf Anhieb trifft. Die Nuance, die wir korrigiert haben wollen, mischt er nicht nach. Und so ist schon beim ersten Farbauftrag klar, dass eine dunklere Schicht nachfolgen muss. Das aber dann erst, wenn am nächsten Tag die Farbe getrocknet ist.

Von der Garage (N11° 33.919'; E104° 53.692') sind wir schon irgendwie beeindruckt. Die Mechaniker gehen ziemlich unerschrocken an die Arbeit und nehmen Zylinderkopfblöcke weg, schrauben Achsen und Bremsen runter und machen ein paar Schnelllackierungen von beschädigten Kotflügeln und Seitentüren. Und die Fahrzeuge sind am Abend wieder weg. Das sagt bestimmt nichts über die Nachhaltigkeit und Qualität der Arbeit aus, fahren können sie aber alle noch aus eigener Kraft. Vielleicht ist der silberne Wagen nun leicht dunkelblau gesprenkelt und umgekehrt, da man die Fahrzeuge direkt nebeneinander im Freien lackiert. Aber so ist das halt hier.

Und dann wird es eben Nacht, alles geht heim und nur die drei Mechaniker, die auf Pritschen unter Moskitonetzen direkt am Gate schlafen bleiben zurück. Man stelle sich das in Europa vor: Nach Feierabend stellen die Mechaniker die Pritsche auf und schlafen dort. Unvorstellbar. Hier aber überall zu beobachten. Am Tag Mechaniker, in der Nacht Wächter. Wir leisten ihnen dabei Gesellschaft und freuen uns auf eine ruhige Nacht in einer Autowerkstatt.

Am folgenden Tag muss das Auto noch zweimal lackiert werden. Das erste Mal, weil nachgedunkelte Farbe aufgetragen werden muss, das zweite Mal, weil der Typ etwas zuviel Verdünner in die Spraypistole gab und der Lack sich stellenweise wellt. Aber alles kommt zu einem Ende und wir konnten ja in der Zwischenzeit das Interieur mal wieder richtig reinigen, so freuen wir uns darauf, den Wagen endlich aus der Garage zu steuern. Wir sehen drüber hinweg, dass vom herumklettern auf dem Fahrzeug die Haube ein paar Beulen abgekriegt hat. Mal sehen, wie lange diese Reparatur hält.

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Mr. Buoy, der Garagenbesitzer vor dem vollendeten Werk. Er und
seine Frau haben uns bestens verpflegt und für unser Wohlbefinden gesorgt.

Geschichten von Begegnungen:
Mr. Buoy (siehe Bild oben), der Besitzer der Garage (N11° 33.919'; E104° 53.692'), war 12 und in der Schule, als 1971 ein amerikanisches Bombardement dutzende Menschen, vorwiegend Kinder, tötete. Granatsplitter durchschlugen seinen Fuss und Arm, sowie den Kopf. Beim Auge und im Gesicht traten Splitter ein, die teilweise auf der anderen Seite wieder austraten. Aber nicht alle, er hat noch immer einge davon im Kopf.

Sam, unser Tuk Tuk Fahrer, diente 18 Jahre der Armee als Minenleger. Seine Pension ist heute 50 USD/Monat. Eine Wohnung kostet vielleicht um die 40 USD/Monat. Er verdient sich jetzt sein Zubrot als Tuk Tuk Fahrer. Sam ist übrigens der TT-Fahrer, den man sich wünscht: Ruhig, zurückhaltend und er hat den Verkehr im Überblick. Für 20 USD, was vermutlich immer noch zuviel ist, fährt er uns einen Tag lang durch die Stadt bis in die Killing Fields.

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Sam bringt nichts aus der Ruhe...

Ein nächtlicher Besucher auf unserem Parkplatz lebt als Buschauffeur. Er fährt täglich die Strecke Phnom Penh - Siem Reap, rund 700 km. Täglich. Er verdient dafür wenigstens relative gute 300 USD/Monat. Allerdings hat er keine Freitage. Er fährt täglich und schläft auf eben unserem Parkplatz in seinem Bus.
Zuvor arbeitete er im Gastgewerbe und erhielt 35 USD/Monat.

05.01.2013

Phnom Penh:

Tuol Sleng Genozid Museum & Choeung Ek Gedenkzentrum (Killing Fields)

 

Heute steht ein düsterer Tag bevor. Wir wollen das Tuol Sleng Genozid Museum sowie die sogenannten Killing Fields besuchen. Das sind Zeugen des grauenhaften Regims der Khmer Rouge, geführt von Pol Pot zwischen dem 17. April 1975 und dem 07. Januar 1979.

Die Kurzfassung - Historiker mögen Ungereimtheiten verzeihen - lautet ungefähr so: Pol Pot wollte eine reine und autarke Rasse vom "alten Volk" aufbauen, welche voll und ganz dem Angkar (Khmer Rouge Organization, also die Partei) gehören und diesem dienen soll. Das "alte Volk" besteht aus ungebildeten, einfachen Bauern vom Lande. Das "neue Volk" steht dieser Vision im Weg und muss entfernt werden. Das neue Volk sind Städter, gebildete Menschen, Brillenträger, Regimekritiker und mit zunehmender Paranoia des Führers eigentlich praktisch jeder im Lande.

Sein Plan war in diesem Sinne "genial": Sobald er gewaltsam an die Macht gelangte, war diese uneingeschränkt und er schloss alle Grenzen und begann systematisch alle Strukturen des Landes zu zerstören. Er schloss alle Schulen, Banken, Sportstadien, verbot Handel, Eigentum und Religion und startete riesige Umsiedelungsaktionen. Phnom Penh wurde gänzlich geleert und sämtliche Einwohner ins Land umgesiedelt. Männer, Frauen und Kinder wurden getrennt von einander und Besuchsrecht gab es keins. Es war verboten. Den Menschen wurde glaubhaft gemacht, dass sie nach drei Tagen wieder heimkehren können, was die erste vieler grosser Täuschungen war. Auf diese Weise konnte er alle enteignen und sie in Arbeitskolonien umsiedeln. Er kappte so soziale Netzwerke und trennte Familien. Diesen Prozess wiederholte er später nocheinmal, um organisiertem Wiederstand nicht die geringste Chance einzuräumen.
Und damit begann das systematische Foltern und Töten vom "neuen Volk". Von den vormals ca. 8 Mio. Kambodschanern dezimierte das Khmer Rouge System ca. 1.7 - 2.2 Mio Menschen des eigenen Volkes in 3 Jahren, 8 Monaten und 20 Tagen. Hätten die Vietnamesen, welche durch desertierte Khmer Rouge Soldaten auf die Vorgänge in Kambodscha aufmerksam gemacht wurden, nicht den Kampf mit den Roten Khmer erfolgreich aufgenommen und nach 6 Monaten den Sieg errungen, das Schlachten wäre uneingeschränkt weiter gegangen.

"Im Zweifel töten wir lieber einen Unschuldigen, als dass wir einen zweifellos Schuldigen leben lassen." Eines der Sprichwörter der Roten Khmer. Schuldig, in welchem Sinne auch immer.

Das Tuol Sleng Genozid Museum ist die ehemalige Folterstätte von Phnom Penh, ursprünglich eine Schule, welche weitgehend so belassen wurde, wie es die Befreiungsarmee der Vietnamesen vorgefunden haben. Ein Guide, der selber 6 Familienmitglieder in diesem Genozid verlor und teilweise mitansehen musste, wie sie ermordet wurden, weiss viele schreckliche Details über die Systematik dieses Regimes zu berichten. Und die Bilddokumente und Ausstellungsgegenstände lassen einen verstummen. Es wird solange gefoltert, bis die Opfer alles gestehen, was die Peiniger von ihnen hören wollen. Und das ist auch gleich das Todesurteil.

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Ehemalige Schule zum grausamen Folterzentrum S-21 der Khmer Rouge umfunktioniert.
Es gibt kein Entrinnen für die, die hier ankommen.

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Folterzimmer mit Fussfesseln. Teilweise sind bis zu 20 Personen in einem Raum angekettet
und müssen die Folter mit ansehen und darauf warten, bis sie an die Reihe kommen

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Opfer

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Ein Opfer. Dieser Blick sagt mehr als Worte beschreiben können

Nach dem erzwungenen Geständnis werden die Menschen abgekarrt ins 17km entfernte "Killing Field", wo sie umgehend exekutiert und in Massengräber teils noch lebendig verscharrt werden. Alleine hier sind es mehr als 20'000 Menschen, die dieses schwere Schicksal ereilt hat. Die Brutalität, mit der vorgegangen wurde, ist unbeschreiblich. Da Gewehrkugeln zu teuer waren, wurde alles verwendet, was irgendwie zweckdienlich war, Menschen umzubringen. Hacken, Äxte, Macheten, Schaufeln, Eisenstangen oder dergleichen waren die Mordwerkzeuge. Und das alles passierte im Geheimen. Die wirklichen Mordwerkzeuge, die Anhänger von Pol Pot, waren junge und ungebildete Bauern vom Land, die das moderne Stadtleben nicht kannten. Entsprechend willig und manipulierbar waren sie. Pol Pot überliess auch hier nichts dem Zufall: Selbst die Folterer und Interogater wurden nach 6 Monaten im Einsatz ebenfalls in die Killing Fields zur Exekution gesandt. Keine Zeugen. Keine Zweifler.

Nur gut eine handvoll Menschen überlebten diesen Horror, im Museum wird von 7 gesprochen. Das Genozid Museum ist schockierend und lässt keinen Zweifel an der Brutalität des Regimes gegen die eigenen Landsleute aufkommen.

Die Gedenkstätte, die Killing Fields, belegt das traurige Ende der Leidensgeschichte von tausenden von Menschen. Alleine hier werden 128 Massengräber vermutet, wovon 86 mit je bis zu 450 Leichen ausgehoben und insgesamt rund 9000 Leichen exhumiert wurden. Danach wurden die Ausgrabungen gestoppt, um die Ruhe der Toten nicht weiter zu stören. Evidenz für die Gerichtsverfahren war mehr als genug vorhanden. Das ist aber nur ein Killing Field von geschätzten 300 im ganzen Land. Viele davon wird man nie finden.

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Das Genozid Memorial: Es steht inmitten der von Kratern der Ausgrabungen
übersäten Umgebung. In der Stupa sind die Gebeine der rund 9000
exhumierten Opfer aufgebahrt

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Als ob die Toten nicht zur Ruhe kommen können, fördert die
Erde immer wieder einzelne Gebeine, Kleidungsstücke...

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... und auch Zähne an die Oberfläche. Ein bewegender Anblick.

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An diesem Baum, der heute mit vielen bunten Armbändern dekoriert ist,
wurden unzählige Kleinkinder totgeschlagen.

Pol Pot bewegte sich noch bis 1998 in Freiheit und stand nur die letzten Lebensjahre unter Hausarrest, bevor er möglicherweise vergiftet wurde. Die übrigen Kaderleute der Khmer Rouge wurden erst 2007 arrestiert und erst viel später zu lebenslangen Haftstraffen verurteilt. Sie konnten zuvor untertauchen und ein Leben z.B. als Journalist leben, unerkannt inmitten des Volkes, welches sie auszurotten versuchten. Als ob das nicht schon tragisch genug wäre, wurde die Khmer Rouge noch lange nach dem Verlust des Krieges gegen die Vietnamesen durch die Vereinten Nationen als offizielle Führungspartei anerkannt und sogar in verschiedenen globalen Gremien mit einem Sitz beehrt. Das, weil die Besetzung von Kambodscha durch die vietnamesische Befreiungsarmee von vielen Ländern wie z.B. der USA nicht akzeptiert wurde.

Das alles ist nicht lange her. Jeder überlebende Kambodschaner hat damals Familienmitglieder und Freunde verloren. Jeder! Wie kann eine kleine Gruppe derart verrückter Menschen so etwas anrichten? Wie können die Haupttäter solange unentdeckt ein normales Leben führen, ohne für ihre Taten gerade stehen zu müssen?

Es bleibt nur zu hoffen, dass die Nachwelt dieses Ereignis im Hinterkopf hat, wenn sie in die Zukunft blickt.

06.01.2013

Silver Pagoda

Kompong Thom

 

Vor der Abreise wollen wir nun doch noch der "Silver Pagoda" einen Besuch abstatten. Da es nur ein kombiniertes Ticket mit dem "Royal Palace" gibt, dieser aber nicht zugänglich ist, wird es besonders teuer - es gilt der unveränderte Eintrittspreis.

Aber der Besuch lohnt sich, da der Tempel wirklich ungemein reich dekoriert ist, eben mit Silber, Gold und Edelsteinen. Der Boden besteht aus 5000 Fliesen aus reinem Silber zu je einem Kilo. Es gibt da drin Buddha Statuen in Lebensgrösse aus 90 kg reinem Gold, verziert mit 9584 Edelsteinen von bis zu 25 Karat. Der Buddha aus Emerald sitzt hoch über den Besuchern und schimmert in seiner besonderen Farbe. Hunderte kleinerer Gegenstände und Statuen aus Silber, Gold und Bronze sind rundherum aufgestellt, zumeist Geschenke zur Ehrerbietung von wohlhabenden Untertanen des Königs.
Wenigstens diese Pagoda haben die Roten Khmer verschont und so der Nachwelt ein traumhaftes Erbe der Vergangenheit erhalten.

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Silver Pagoda - von aussen verhältnismässig bescheiden
dominieren drinnen Silber, Gold und Edelsteine. Don't miss it!

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Im Innern glänzt alles von Gold - in der Vitrine der Golden Buddha, dahinter
der Emerald Buddha, links davon der Silber Buddha und rechts davon der Bronze Buddha.
(Quelle: http://dreamsoutheastasia.tumblr.com/)

Kompong Thom liegt auf dem Weg nach Siem Reap und ist eigentlich nichts Besonderes. Aber wir haben in dem Sinn Glück, dass morgen der 7. Januar und somit Befreiungstag vom Genozid Regime des Pol Pot gefeiert wird. Das heisst, hier ist "Chilbi" und das für Kids von 2 - 10 Jahre. Sie werden von den Eltern schon im Pyjama angekarrt und können sich auf dem Autoscooter, Riesenrad, Karrussel oder der kleinen Eisenbahn vergnügen. Wir schauen gebannt dem Treiben zu und geniessen dieses Spektakel. Sämtliche TÜV-Mitarbeiter würden in den Ausstand treten, müssten sie diese Konstruktionen abnehmen. Aber ehrlich gesagt, den Kindern spielt das überhaupt keine Rolle und die Freude darüber ist klar in ihre Gesichter geschrieben.

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07.-10.01.2013

Siem Reap

Sambor Prei Kuk
Tempel

Angkor Tempel

Restaurant Haven

Dr. Beat Richner

Auf dem Weg nach Siem Reap machen wir noch einen Abstecher zur Tempelanlage Sambor Prei Kuk, welche zur gleichen Zeit wie die frühesten Angkor Tempel gebaut wurden. Sie sind alle im Wald versteckt und einen Besuch wert, so quasi zur Einstimmung auf das, was in Siem Reap kommt.
Auf dem Rückweg müssen wir doch tatsächlich einem Haus auf der Strasse ausweichen, welches uns gerade entgegenkommt. Einmal mehr staunen wir über den Einfallsreichtum und das Geschick der Menschen hier, die mit einfachsten Mitteln anspruchsvolle Tasks zu lösen wissen...

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Wie man hier ein ganzes Haus verschiebt...!

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Die Menschen wohnen auf dem Lande in einfachen Behausungen,
zumeist auf Stelzen, wobei dies hier ein hocwertiges Exemplar ist.

Wir denken auch daran, das Dorf Kompong Kuk auf bis zu 8 Meter hohen Stelzen zu besuchen. Doch sobald der Eintrittspreis von 2 USD von den unglaublichen 30 USD für die Bootsfahrt dahin in den Schatten gestellt wird, lassen wir die Bootsführer mit einem kräftigen Tritt aufs Gaspedal im Staub stehen. Das ist ein durchschnittliches hiesiges Monatssalär eines Handwerkers für vielleicht 30 Minuten tuckertucker in brauner Pampe. Schade, dass soviele Touristen das mitmachen. Wieder einmal sind wir dankbar dafür frei entscheiden zu können, wo wir bleiben und wo wir weiterfahren wollen.

Wir kommen in Siem Reap an und haben Mühe, was Gescheites zum Übernachten zu finden. Aber es gibt auch hier ein Wat im Zentrum, welches uns wie immer freundlich aufnimmt. Der Kontrast könnte nicht grösser sein für uns. Wir schlafen im Wat Dam Nak bei Mönchen und ausserhalb des Gates die pulsierende Touristenstadt, die hübsch ist und viel zu bieten hat. Trotzdem, wir tauchen ein und geniessen das Bad in der Menge. A propos Bad in der Menge: Absolut hip scheint hier der Pool mit Knabberfischen drin zu sein, welche sich hingebungsvoll der abgestorbenen Haut an den Füssen annimmt. Die Aquarien stehen überall rum.

Im "Night Market" treffen wir zufällig auf Mark, einer der zwei Marathon Jungs (The Mekong River Run). Sie haben in der Zwischenzeit ihren 50. (!) Marathon absolviert und werden nochmals etwa 10 mehr machen müssen, um in Vietnam im Mekong Delta ihr Ziel zu erreichen. Er sieht sehr gut aus und klingt auch sehr positiv nach all den Strapazen und Abenteuern. Das war die Begegnung der Woche!

Wir freuen uns auf eine ruhige Nacht... was allerdings weit gefehlt ist. Es ist der 7. Januar, Befreiungstag vom Pol Pot Regime. Das heisst, es ist die Hölle los bis früh in den Morgen hinein. Und wie wir lernen müssen, ist in Hördistanz ein House-Club, der so richtig die Wellblechdächer scheppern lässt - bis 04:30 Uhr am Morgen.

Nichts desto trotz: Um 7 Uhr stehen wir mit dem angemieteten Tuk Tuk Driver am ersten Gate der Angkor Stadt und beginnen die grosse Tempeltour. Geschichtsbücher geben wohl besser all die Details zur Architektur und der spirituellen Bedeutung der riesigen Anlage wieder, weshalb wir hier darauf verzichten Jahreszahlen und dergleichen zu plotten. Nur um eine grobe Vorstellung des Alters zu haben: Mit dem Bau der ersten Anlagen wurde vor rund 1200 Jahren begonnen und die Arbeiten dauerten während ca. 600 Jahren an. Angkor Thom umfasst mehrere wunderschöne Tempel aus verschiedenen Epochen der Angkor Zeit und damals wohnten in dieser Stadt rund eine Million Menschen. Angkor Wat steht südlich davon und ist, so liest man, der weltweit grösste Hindu Tempel und das grösste religiöse Monument der Welt. Angkor Wat ist deshalb von überragender Bedeutung für Kambodscha und findet sich daher auch auf der Nationalflagge wieder. Vieles lag bis vor nicht allzu langer Zeit im Dschungel unter Gewächs und über Jahrhunderte angesammelter Erde verborgen bis Archäologen immer mehr davon entdeckten und freilegten.

Unsere Besichtigungstour dauert bei zügigem Tempo und mit Hilfe von einem Tuk Tuk, welches uns von Site zu Site rund 27km durch die Anlagen fährt, satte 8 Stunden. Damit hat man dann aber nur die wichtigsten Elemente gesehen. Grosskampftag also, aber jeden Schritt wert! Wir haben schlussendlich 11 der bekanntesten Anlagen besucht, vier der eindrücklisten sind hier mit Bildern kurz dokumentiert.

"Bayon" die Tempelanlage mit den hunderten von Gesichtern, die einem jederzeit beobachten. Sie ist das Zentrum der Stadt Angkor Thom.

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Hunderte der grinsenden Gesichter beobachten einen an jedem Ort, egal wo man steht

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Der ganze Tempel ist komplett mit feinsten Reliefs wie diesem hier
überzogen - sie haben hunderte von Jahren gut erhalten überstanden

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Eben, dieses Gesicht von Jayavarman VII, der Donald Trump des alten Kambodschas...

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... ist einfach ÜBERALL

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Baphuon ist ein riesiger Tempel der einen Berg symbolisiert. Einst hatte er eine riesige Bronzekuppel und ein 70 Meter hoher Buddha wurde später hineingebaut. Allerdings sieht man vom ehemaligen Glanz nicht mehr viel. Die Restauration gestaltet sich sehr schwierig nachdem Pol Pot sämtliche Aufzeichnungen erster Wiederaufbauarbeiten zerstörte. Nach 51 Jahren der Rekonstruktion wurde die Anlage 2011 wieder teilweise zugänglich für Besucher gemacht.

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Baphuon mit einem Grundriss von 130 x 100 Meter - von
der einst so eindrücklichen Bronzekuppel bleibt nichts erhalten

Ta Prohm ist absichtlich nicht vollständig vom Bewuchs des Dschungels befreit worden und das ist gut so. Diese Anlage ist so schon faszinierend. Wie geheimnisvoll muss es wohl für die Entdecker gewesen sein, diese vollständig zugewucherten Gemäuer zu entdecken? Es ist sicher die atmosphärischste von allen Anlagen, die wir besuchen.

Nur noch eines vorab: Teile der Anlage wurden für Lara Crofts "Tomb Raider" Verfilmung eingesetzt und machten "Ta Prohm" weltweit bekannt. Gutes Filmset für einen Actionmovie.

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Wer kennt sie nicht: Lara Croft in Tomb Raider. Aber wer hat gewusst,
wo gedreht wurde? Ta Prohm aus der Angkor Zeit
(Quelle: Internet)

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Bäume wachsen ...

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... einfach über die Gemäuer drüber, welche...

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... diese zum Teil auch heute noch ohne Murren tragen

Und dann gibt es da eben noch das Angkor Wat, eine unheimlich weitläufige Anlage umgeben von einem gut 200 Meter breiten Wassergraben. Die Dimensionen aber auch das feine Handwerk und wie gut alles erhalten ist, ist einfach umwerfend! Aber schwierig zu beschreiben...

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Angkor Wat inmitten eines beinahe 200 Meter breiten Wassergrabens,
welcher die 1.5 x 1.3 km lange Tempelanlage umschliesst

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Aussicht aus dem Hauptturm

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Und tausende von Reliefs mit den berühmten Tänzerinnen des Angkors,
den Apsaras: keine gleicht der anderen. Jede macht eine eigene Aussage

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Die Reliefs bedecken alle erdenklichen Oberflächen...

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... und sind wunderschön und detailliert ausgearbeitet

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Dieses Relief zeigt eine Kriegsszene und bildet den König ab. Es
erstreckt sich um die gesamte Aussenwand der äusseren Gallerie...!

Zurück in der Stadt werden auf der Dachterrasse des "the purble Mangosteen" wieder mal Postkarten geschrieben. Und weils so schön ist bleiben wir auch gleich da zum Essen. Die Küche versteht ihr Handwerk sehr gut und beim Verabschieden von der Gastgeberin Phally bietet sie uns spontan an, im Garten ihres Hauses zu übernachten. Das sei doch ruhiger und ihre Familie würde sich auch sehr freuen, Gäste zu haben... das werden wir uns gerne überlegen. Und auf dem Heimweg hören wir wie immer: "Do you want massage"? Ach ja, man gönnt sich ja sonst nichts.
Die beiden Masseurinnen erzählen uns in der kurzen Zeit gleich ihre Lebensgeschichten von wegen bösen Ehemännern, wenig Geld (50 respektive 200 USD Haushaltseinkommen), etc. Wenn sie wahr sind, dann haben sie ein schwieriges Leben. Aber vielleicht wollten sie einfach nur Mitleids-Tip bekommen?

Eine zweite Nacht zu House-Beats sind dann doch Argument genug, sich für einen Umzug am folgenden Tag zu entscheiden.

Wir verbringen wieder viel Zeit im Purple Mangosteen und erledigen unsere Office-Arbeiten. Am Abend ziehen wir dann um und lernen Phallys Vater kennen. Er freut sich sehr und packt alle Französisch und Englisch Kenntnisse aus, um sich mit uns zu unterhalten. Auch seine Geschichte berührt: Noch keine 20 kommt Pol Pot und verschiebt ihn und seine Familie aufs Land zum Arbeiten. Er kann nicht mehr weiter studieren. Nach der Pol Pot Zeit konnten sie nach Thailand flüchten, um dort 12 Jahre in einem Flüchtlingscamp zu leben, um nachher wieder als Lehrer in Kambodscha zu arbeiten. In der Zeit in Thailand kämpfte er in der Armee gegen die vietnamesische Besetzgung seines Heimatlandes. Seine Familie hatte relativ "Glück" - nur ein Grossvater und Bruder kamen in der Zeit des Pol Pot Regims ums Leben.

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Office im Purple Mangosteen, hier oder auf der ruhigen Dachterrasse
kann man bei Phally auch sehr gut essen. Und hübsche Zimmer mitten
in der Fussgängerzone hat sie auch anzubieten

Bevor wir weiterreisen stehen noch zwei Programmpunkte an: Erstens wollen wir im "Haven" etwas essen und das Benefizkonzert von Dr. Beat Richner besuchen.

Das "Haven" ist ein Restaurant, welches vor einem Jahr die Pforten öffnete und es auf Anhieb zu Nummer eins in Siem Reap aufgestiegen - ohne Reservation geht normalerweise nichts. Es wird von zwei jungen Schweizern geführt und bietet viel kulinarische Freude. Aber eigentlich gibt es da noch etwas anderes, was wir wirklich beeindruckend finden: Es ist eine Ausbildungsstätte für junge Menschen aus Waisenhäusern, welche beim Erreichen der Volljährigkeit vor die Pforten gesetzt und sich selber überlassen werden. Die Jugendlichen werden auf diesen Schritt nicht wirklich vorbereitet und haben eine äusserst schwierige Zukunft. Das Bedienungspersonal besteht aus eben solchen Jugendlichen, welche on the job ausgebildet werden. Damit erhalten sie eine Chance, ihre Zukunft nachhaltig in die Hand nehmen zu können.

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"Helfen war noch nie so lecker!" (Quelle: www.havencambodia.com)

Sarah und Paul, die Initianten und Gründer des Schweizer Fördervereins "Dragonfly" und
"Haven", des liebevoll eingerichteten und kulinarisch hochweritigen Restaurants, welches
jugendliche Waisen im Gastronomiebetrieb ausbildern.

Und eben, der Besuch von Dr. Richners Informationsveranstaltung zur Kantha Bopha Stiftung:
Seit 20 Jahren baut Dr. Richner in Kambodscha Kliniken zur hochwertigen und kostenlosen Versorgung von jährlich hunderttausenden von Kindern auf (siehe Report 2012). Davon haben jeweils 20'000 - 30'000 Tuberkolose (eine trauriges Erbe der Jahre unter Pol Pot) oder schweres Dengue Fieber, welches ohne rasche und korrekte Therapie zum Tode oder schweren lebenslänglichen körperlichen oder geistigen Behinderungen führt. Viele dieser Kinder hätten kaum eine Überlebenschance ohne diese medizinische Versorgung, da die Eltern sich schlichtweg die Behandlungskosten nicht leisten können.

Die Kantha Bopha Stiftung finanziert die jährlich rund 36 Mio. CHF zu 90% aus privaten Spenden, überwiegend aus der Schweiz. Mehr Informationen zu diesem einzigartigen Projekt und Engagement:

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Dr. Beat Richner inmitten wartender Patientinnen und
Patienten in einer der Kantha Bopha Kliniken
(Foto: Auszug aus SI Titelseite)


11.01.2013

Grenzübertritt

Von Siem Reap sind es noch ca 150 km an den Poipet Grenzposten. Die Fahrt gibt uns noch einmal Zeit, die Ereignisse, die dieses Land prägen nochmals ein bisschen Revue passieren zu lassen. Das Land hat mit einem schweren Erbe zu kämpfen und wie es scheint unternimmt die Regierung wenig dafür, die Vergangenheit aufzuarbeiten und diese zu thematisieren.

Die Grenze ist in Sicht und damit auch die Schlange wartender Touristen...

Good bye Cambodia! Wir hatten zuwenig Zeit, um mehr von diesem spannenden Land zu entdecken.
Aber schön, konnten wir beim zweiten Anlauf den Grenzübertritt schaffen. Wir hätten etwas verpasst.