Bevor wir losfahren fragt uns einer der Hotelgäste zum Spass, ob wir denn nichts trinken wollen, bevor wir losfahren. Nein, und ihn wollen wir in dem Fall besser auch nicht unterwegs antreffen - selbstgebrannter Vodka ist hier überall verfügbar und wird tatsächlich auch schon früh getrunken.
Armenische Katze am Swimmingpool des Hotels
Vom flachen Iran kommt man in Armenien schon nach wenigen Kilometern in bergiges Gebiet. Der Tashtun Pass kommt also als erstes an die Reihe und die grüne Vegetation und das Panorama sind eine angenehme Abwechslung zur trockenen Steppen- und Wüstenlandschaft des Irans. Wir sind weitgehend alleine unterwegs.
Grüne Berglandschaften sind eine willkommene Abwechslung zur überwiegend
trockenen Steppen-
und Wüstenlandschaft des Irans
Auf der rückwärtigen Seite geht es steil und kurvig in die Tiefe und schon bald sieht man im Talgrund Kajaran, die erste Minenstadt unterwegs. Die recht junge Mine fördert Eisenbauxit und gibt diesem abgelegenen Winkel eine Perspektive. Der Boden ist extrem eisenhaltig. Auf einer Seite wird ein Berg abgetragen und mit den riesigen Grubenlastwagen in einer anderen Ecke des Tals aufgeschüttet. Hier werden tatsächlich "Berge versetzt".
Überall trifft man unterwegs auf noch aktive oder eben auch stillgelegte Minen. Die hohen, verrosteten Türme für die Liftanlagen zeugen von reger Untertagbau-Aktivität in der Vergangenheit und reichhaltigen Vorkommen - ein Grund dafür, warum sich die Armenen dieses Gebiet gewaltsam von den Aserbajianern unter den Nagel gerissen haben. Der zweite wichtige Grund war, einen direkten Zugang zu Iran zu bekommen.
Der Schuttkegel füllt ein ganzes Seitental auf
Es ist schon immer wieder faszinierend, wie anders nach einer Grenze die Menschen aussehen, gekleidet sind oder auch auf uns reagieren. Die Speisekarte offeriert plötzlich wieder ganz andere Speisen (und natürlich Bier und Vodka), plötzlich fahren wieder europäische und russische Fahrzeuge durch die Strassen und die Häuser sind anders gebaut, die Landschaft sieht anders aus. Ach ja, und die Strassen sind wieder 3. Liga.
Nach Persisch, Kyrillisch, Arabisch, Thai, Chinesisch, Sanskrit,
Tibetanisch... - was sind das denn nun wieder für Schriftzeichen?!
Leider geht heute unsere Tagesplanung bachab: Der Strassenzustand und die sehr kurvigen Pässe (49 Haarnadelkurven - nimmt das denn kein Ende?!) lassen uns kaum vorankommen - mit 200 Liter Treibstoff an Bord sind wir noch behäbiger als sonst. Etwas unangenehm sind auf einem Streckenabschnitt die Warnhinweise am Strassenrand, dass man sich in einer verminten Gegend befindet - tatsächlich sind wir im Nagorno-Karabakh Gebiet, Azerbajianisches, von Armenien besetztes Gebiet. Unser GPS bestätigt: Wir befinden uns jenseits der Grenzlinie also eben in besetztem Gebiet.
Unterwegs halten wir hier und dort um ein paar Bilder zu schiessen und suchen in der Nähe von Bardzravn eine rund 1000 Jahre alte kleine Kirche im dichten Wald, die erst 1920 wieder entdeckt wurde. Das gibt auch einen herrlichen Rastplatz für die Mittagspause.
Bgheno-Novrarank Monastry von 1062 (N39°23.272' E046°,21.630'), welches wie
soviele andere
Sehenswürdigkeiten zuvor auf unserer Reise über hunderte von Jahren
in Vergessenheit geraten
war und erst 1920 wieder entdeckt wurde
In Goris bestaunen wir skurrile Felsen, die wie kleine Türme einen Berghang flankieren und biegen im Anschluss direkt hinter ein Polizeifahrzeug auf die Hauptstrasse ein. Bisher kamen wir ohne Polizeikontakte durch - unsere grüne Karte deckt dieses Land nicht ab und es ist eigentlich obligatorisch, eine Versicherung zu haben. Eine Busse wird uns teurer zu stehen kommen als die Versicherung aber wir lassen es in den drei Tagen drauf ankommen. Gut haben wir die Versicherungsetiketten aus Thailand und Laos noch an der Scheibe, das sieht von Weitem so aus wie der obligatorische Sticker von Armenien.
Goris hat seine eigene Sehenswürdigkeit...
Die Landschaft gleitet an uns vorbei und der Verkehr hat etwas zugenommen. Es wird wieder fleissig überholt und der zentralasiatische Stil wird wieder spürbar: Es wird in den Gegenverkehr überholt und man geht davon aus, dass dieser dann auch Platz macht. Aber die Ausnahme bestätigt die Regel. Ein weisser Mercedes brettert mit hoher Geschwindigkeit auf einen Lastwagen vor ihm zu und setzt ungeachtet dem Gegenverkehr - einer Limousine vor uns und uns selbst - zum Überholen an. Der Vordermann reagiert lange nicht und die beiden geraten auf direkten Kollisionskurs. Plötzlich realisiert er und macht einen etwas zu beherztes Ausweichmanöver, kann aber die Kollision vermeiden. Er schlingert stark und kann den Wagen nicht mehr kontrollieren, er schleudert mit 60 bis 80km/h 180 Grad um die eigene Achse und kommt im Kiesbett neben der Strasse zum Stehen - direkt neben einem kleinen Abhang. Der weisse Mercedes zieht ungebremst vor uns auf seine Spur zurück und zieht Leine. Wir halten kurz an und erkundigen uns bei den Driftprofis, ob alles in Ordnung ist - die beiden sind gerade dem Senseman von der Schippe gesprungen oder zumindest einem heftigen Crash im Acker entgangen.
Spezialität der Gegend: Strohballen werden überall in hohen Pyramiden gestapelt
Gut müssen wir nicht mehr viel weiter, auch uns ist das ziemlich eingefahren. Wäre es zur Kollision der beiden Fahrzeuge vor uns gekommen wären wir zwangsläufig involviert gewesen. Das grösste und gefährlichste Risiko unserer Reise ist und bleibt der Strassenverkehr - nicht die Taliban an der Afghanischen Grenze, Überfälle bei einsamen Campinplätzen oder mögliche politische Spannungen wie in der Türkei.
Die 204 merkwürdig angeordneten und rund 5000 Jahre alten Basaltsteine von Zorats Karer zeugen von astrologischem Wissen, welches schon sehr weit entwickelt war für diese Zeit.
Langsam müde von der Kurverei schlagen wir bei einem hübschen Restaurant unseren Nachtplatz auf, verspeisen einen frisch gefangenen Fisch im Tandoor Ofen zubereitet und geniessen die laue Bergluft nach den vielen heissen Tagen im Iran.
Gerade eben ist unser Fisch im unterirdischen
Tandoor Ofen verschwunden um kurze Zeit
später als herrlich gewürztes Fisch-BBQ auf dem
Teller zu landen
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